Megaphon hat geschrieben: ↑14. Dez 2020 20:59
Hast du jemals darauf hingewiesen das es F4 sein muss?
Hier im Forum schon seit mehreren Jahren predige ich und andere das, samt Beispielen was mit Hartpapierplatinen passieren kann, dazu
habe ich schon sehr oft folgendes Bild gepostet. Ich denke, gerade im roadtauglichen PA-Bereich muss man das nicht ständig widerholen.
Aber geht's hier nicht um Selbstbau?
Doch klar, aber was hat das damit zuzun? Platinen kann man sich selbst ätzen/fräsen, aber das gilt natürlich auch für übliche Lochraster, oder auch ungebohrtes Basismaterial.
Nicht jeder benutzt F4 sondern eben was grade da ist, oder?
Bin ich mir nicht sicher, bei HiFi vielleicht, bei PA wird idR. FR4 genutzt.
Aber wenn Bauteile so knapp ausgelegt werden, dass man hier kein Hartpapier oder Holz nutzen kann, muss dies der jeweilige Entwickler mit dazu-schreiben,
habe ich persönlich so bisher noch nie gelesen.
Also ich betone es noch ein mal:
- Vor allem bei PA sollte man FR4 nutzen, primär nicht zwecks Hitzebeständigkeit, sondern allgemeiner Robustheit. Finger weg von FR2/Hartpapier.
- Werden Bauteile ausgelegt, dass sie so mega heiß werden, muss der Entwickler Hinweise darauf geben.
- Bauteile sollten so ausgelegt werden, dass sie eben nicht heiß werden.
Und egal wie groß die Widerstände dimensioniert sind, sie geben immer noch die gleiche Wärmeenergie ab.
Je nach Belastung, je nach Bauart und Kühlfläche.
Mag ja alles sein, du vergisst dabei aber leider die umgebenen Bauteile. Cs leiden darunter und der Isolierlack von LS freut sich auch keinesfalls darüber. Und egal wie groß die Widerstände dimensioniert sind, sie geben immer noch die gleiche Wärmeenergie ab.
Bei Spulen liegt die Betriebstemperatur des Drahtes (bzw. des isolack) oft im Bereich 130-150°C, bei Folienkondensatoren im Bereich 100-150°C. Sehr selten auch ähnlich wie bei Elkos mit 85°C.
Wenn der R also nicht vernünftig ausgelegt wurde und PRESS am R sitzt, dann kann es durchaus sein, dass die Temperatur an einer Stelle überschritten wird,
ob dies tragisch ist und wie viel das aus macht, müsste man nachprüfen. Im Regelfall gibt's bei der Angabe noch keine Defekte, sondern die Kapazität überschreitet weit die Toleranz.
Der Cap auf dem erstem Bild aus Beitrag #86 hat jedenfalls keine Schäden (außer optisch die Folie) davongetragen.
Überlast, werden die Rs tatsächlich rotglühend
Keramik selbst glüht erst ab circa 650°C ganz leicht nach meinen Infos.
Würde gerne einen R sehen, der genau das aushält bevor er aufplatzt.
Ausschließen mag ich das nicht, gerne mache doch ein dokumentiertes Experiment, das sehe ich mir gerne an.
Wenn du magst kann ich das morgen/übermorgen auch mal schnell selbst machen.
Irgendwelche Wünsche, außer Widerstand auf den Tisch legen und nachgemessene Leistung drauf geben, samt Termpereaturüberwachung an der Oberfläche?
Ich selbst habe noch keine Glühenden auf Frequenzweichen gesehen, die waren immer alle vorher defekt.
Übliche Hochlastwiderstände sind für einen Temperaturbereich zwischen 200°C bis selten auch 350°C angegeben (dann oft aus z.B. Alu mit Kühlrippen), manche sogar nur 150°C.
Die IT und Mundorf 20W Keramikwiderstände sind angegeben mit 220°C und ±300 ppm/°C, in runder Bauweise teilweise sogar etwas mehr.
Die Mox wiederum nur 200°.
Dies entspricht der maximalen Einsatztemperatur, je höher die Temperatur, desto weniger ist der R belastbar.
Radiale Widerstände, also mit Abstand zum PCB sind oftmals höher belastbar, fallen kleiner aus, oder PPM fällt anders aus, hier sollte man einfach in's jeweilige Datenblatt schauen
Den großen Vorteil dieser Widerstände (Radiale), also mit Abstand zur Platine, sehe ich persönlich nicht in der, wie oft behauptet, besseren Kühlung,
oder um Hotspots zu vermeiden, sondern darin das PCB nicht zu beschädigen, falls man die Widerstände vollständig aus- oder sogar überlastet!
Schauen wir uns die Kennlinien an, sehen wir dass die volle Belastbarkeit vieler Keramik- und Moxwiderstände bis grob 75°C Betriebs- bzw. Umgebungstemperatur reicht,
darüber nimmt die Belastbarkeit ab. Wird der WAX25 z.B. bei 202°C eingesetzt, hat er nur noch eine Belastbarkeit von 2,5 Watt statt 25W.
Derating nennt man die Geschichte.
Bei 220° entspricht die Belastbarkeit dann 0W.
Hier glüht die Keramik auf keinen Fall, eher fackeln die Wicklungen ab.
Dennoch will ich nicht ausschließen, dass es auch welche mit ausreichend dicken Windungen gibt,
welche solch enorme Hitze entwickeln können, dass diese auch glühen.
Aber was juckt uns das? Das ist Betrieb WEIT außerhalb der Spezifikation. Wieso also soll ich irgendwas für den DAU-Betrieb auslegen?
ABER wir schweifen hier total ab, denn wenn ein R anfängt zu glühen, dann liegt definitiv ein Defekt vor, bzw. eine Fehlentwicklung.
Dies entspricht nicht dem üblichen, normalen Betrieb, somit bin ich der Meinung, dass man hier keine Vorkehrungen gegen treffen muss.
Betriebstemperatur von FR4 sind immer zwischen 140-250°C, so sollte man auch seine Schaltung auslegen, dass diese das möglichst nicht (dauerhaft) überschreiten,
auch wenn die Platine in der Praxis wesentlich mehr aushält.
Diese Temperatur nennt man (Tg) Glasübergangstemperatur und beschreibt in kurz, wann das material anfängt "Gummiartig", bzw. weich zu werden.
(Weich werden heißt hier nicht, dass es wie Maoam wird, sondern messtechnisch nicht mehr die volle Härte aufweist)
Bei FR-2 sind die oft 90-110°C (mega selten auch weniger), FR-1 dagegen 130°C.
Bei CEM1 etwas höher mit 90° und CEM2 fast wo FR-4 anfängt, also ca 120-145°. (Cem ist Papier mit Epoxy, aber mit etwas Glasfaser drin im Vgl. zu FR-2)
Fr1 und FR2 sind aber immer weniger zu finden, oft wird FR3 genutzt. FR5 gibt's auch, sieht man aber selten, eher FR-4 mit Zusatz wie "High Temp".
FR steht übrigens für Flammhemmend, also die Brandschutzklasse für selbstverlöschende Materialien.
Wer sich selbst Platinen aufbaut oder Weichen, der muss sowas wissen, man kann ja nicht alles vorkauen,
genau so muss man wissen, welchen Durchmesser man als Leitungen benutzt usw.
Aber hierfür ist ja das Forum da um sowas nachfragen und sich drüber austauschen zu können.
Zusatzinfos:
Ich nutze übrigens Fr-4 mit Tg 150.
Zersetzungstemperatur (Td) des Basismaterials liegt bei 350°.
Erst ab (grob) der Td bekommt das Material Schäden, da sich die chemischen Verbindungen anfangen zu zersetzen.
Diese Temperatur ist also noch weit oberhalb der maximalen Einsatztemperatur eines Widerstandes.
Wenn Tg überschritten wird, dann dehnt sich das Material leicht in der Z-Achse aus und verliert seine mechanischen Eigenschaften,
klaro, es wird weicher. Aber es gibt keine Haarrisse oder Defekte.
Bei solche Einfachen Frequenzweiche ist das also kein Problem, bei einem Mainboard sähe das gleich anders aus.
Mal alles zusammenfassend:
Betriebstemperatur von Fr-2 im Bereich 110° / Max Temp. bis Schaden entsteht 200-250°C
Betriebstemperatur von Fr-4 im Bereich 150° / Max Temp. bis Schaden entsteht 350°C
20W Axiale Keramikwiderstände für Direktmontage mit Auflage bis ~220°C
Spulen im Bereich 130-150° (Lack) und ab 105°C der Träger falls er aus ABS ist.
Kondensatoren 85°C bis 150°C (Folie im Schnitt 120°C, Elko 85°C)
Legen wir alles nach Norm aus, halten wir mit den Kondensatoren Abstand zum Widerstand und achten darauf,
dass kein R über 150°C heiß wird, ist er press am R dran, dann am besten unter 100° bleiben (berührt ja nur eine kleine Stelle)
Haben wir genug Abstand zu den Bauteilen, darf der R auch fast 130°C über seinen Maximalwert kommen, ohne, dass die FR-4 Leiterplatte Beschädigungen davonträgt, bei Fr-2 reicht's gerade so aus von der Temp.
Wie gut Luft leitet und welchen Abstand man nun zum Cap oder L haben sollte, wenn der R wirklich 220°C aufweist, darf gerne wer anders ausrechnen
Alles in allem sind wir also ziemlich im gelben bis grünen Bereich, sofern wir nix überlasten.
Wer so auslegt, dass Bauteile am absolut Limit arbeiten, der muss wesentlich mehr beachten als üblich;
wer etwas Headroom lässt, der muss quasi auf garnix achten.
Wer den Kram mit Überlast betreiben will, statt seine Bauteile gleich für Überlast auszulegen.... gerne, viel Spaß
Edit:
Kabelbinder aus Polyamid halten ganz grob 140°C mit voller Festigkeit aus, darüber dann je nachdem wie fest sie angezogen wurden,
die reine Schmelztemperatur liegt bei grob 220°C.***
Diese sind also eigentlich das schwächste Glied in der Kette wenn man R damit befestigt, egal welches Platinenmaterial man verwendet.
Spulenkörper aus ABS (wie bei LU von IT) haben eine Schmelztemperatur von rund 105°C, somit schmilzt der Träger lang bevor der Draht Schaden nimmt
(Aber is ja egal, wenn geschmolzen und der Träger verformt nützt der Draht ja eh nix mehr...)
***
Wir sehen also, dass beide R aus dem letzten Bild aus Beitrag #86 weit über Limit waren und mindestens die maximalen 220°C geknackt haben.
Mit diesen (sicher mehr als) 220°C hat der Untere die Kabelbinder geschmolzen,
der Obere hatte gute 3x Überlast und damit ganz leicht den ABS Träger der Spule mit weich gemacht, welcher ab 105° schmilzt, aber im Abstand von weniger als 10mm.
Ganz klar sieht man hier auch, dass der Großteil der Wärmeentwicklung an der Oberseite vom R stattgefunden hat, bei beiden R erkennt man dies.
Der untere Widerstand ist übrigens so ausgelegt, dass er im Normalbetrieb mit 600W rms und 6dB Crestfaktor gut 15W abbekommt, der Obere 25W. (Risikospiel, ich weiß)
Angeklemmt war eine E800 im Dauerclip (kein Blink Blink, sondern Dauerrot) über mehrer Stunden.
Somit entfernen wir den Crestfaktor auf sagen wir 1dB und 500W, daraus ergibt sich eine Belastung des unteren R von mindestens 40W und 70W des Oberen.
Mehr als 3-fache Überlast, da darf auch mal der 10mm entferne ABS Träger der Spule weiche werden.
Wir können also davon ausgehen, jedenfalls in diesem Fall, dass die Widerstände weit von ihren 220°C bei 20W Belastung entfernt sind.
Die beiden zusehenden 6,8 Ohm, welche press aneinander sind, haben hierbei jeweils 19W gesehen, der 1,8 Ohm daneben, auch press dran, 30W.
Einsatz der beiden schwarzen Kisten war übrigens im Sommer in der prallen Sonne, somit war's in der Kiste auch recht warm
Kurzum: Betrieb weit oberhalb des Datenblattes, wenn auch "nur" durch Clip statt durch reine Überlast.
Die Bauteile machen sowas also problemfrei mit, die Befestigung in diesem Fall nicht.
Muss man jetzt also zwingend Weichen für solche einen Betrieb mit teils 3-facher Überlast auslegen?
Ich denke nicht

Aber eine andere Befestigung statt Kabelbinder wäre schon die Lösung gewesen.
Das ist eine sehr gute Praxis, es gibt keine Entschuldigung dafür, Heatspots zu designen. Vielen Leuten scheint eben auch nicht klar zu sein das durch hohe Temperaturen in Spulen und Kondensatoren auch die Power Compression unnötig er höht wird. Was nützt es, einen 700W Treiber statt dem 500W einzusetzen, wenn die PC früher einsetzt wegen der erhitzen Bauteile. Man hört dann nur "XYZ suxx".
Die VC eines Lautsprechers wird weitaus heißer als eine Spule oder ein R am Limit.
Nehmen wir eine typische Spule aus dem TP in Reihe zum Chassis, sagen wir ne LU55 1,8mH mit 0,79 Ohm. bei 20°C.
Da das ABS bei 105° anfängt zu schmelzen, ist unser Betrieb über den Daumen bis sagen wir 80°C sinnvoll,
also einer Temperaturerhöhung von 60°C.
Der Wickel ist auf Kupfer mit mit einem Koeffizienten von 0,0039.
nun rechnen wir und kommen auf das Ergebnis von 0,975 Ohm
Heißt wir haben eine Erhöhung von 0,185 Ohm.
Bei 500W fallen an der Spule also 11,5W zusätzlich ab.
Rechnen wir das auf den SPL um, somit entspricht das circa 0,1dB.
Bei solchen Kisten nutzen wir aber keine 1mm LU55, sondern eher kleine Kernspulen wie HQ40,
diese haben nur 0,26 Ohm. machen wir die Rechnung ein weites mal, kommen wir auf
eine Erhöhung von 0,01423656 Ohm. In SPL also ein hauch von Nichts. (0,87W = 0,008dB)
Und ich persönlich finde, eine Spule mit 80°C ist schon zu warm.
Was Widerstände angeht, kann sich das jeder mit dem ppm/k selbst ausrechnen, das macht genauso wenig wie bei der LU aus.
Ok kurz drübergerechnet, 3,9 Ohm als Rs bei 220°C und 300 ppm/k ergibt 4,2 Ohm, bei -30° 3,6 Ohm.
Meine Empfehlung wäre innerhalb der 5% Toleranz zu bleiben, also max 145°C = 4,1 Ohm
Oder R mit kleinerem ppm/k nutzen, gibt's ja sogar mit nur 50 ppm/k, wenn man's halt braucht
Kondensatoren gibt mit positivem und negativem Temperaturkoeffizienten Tc, aber es gibt auch welche ohne diesen,
diese ändern ihre Kapazität somit nicht (NPO) innerhalb ihrer Arbeitstemperatur T.
Elkos z.B. verringern ihre Kapazität mit steigender Temperatur.
Im normalen Arbeitsbereich, also die Datenblattangabe der Temperatur, verändert sich der Wert (so gut wie) nicht.
Anm.:
Nochmal zu den Widerständen. Gehen wir davon aus, dass die Kennlinie ab 75°C abfällt und dies theoretisch hieße,
220°C würden der vollen Belastung von 20W entsprechen, wäre unsere Wärmeentwicklung des R bei rund 50° (Sommer, Sonne auf schwarze Kiste) in der Box
bei 195°C. Nur grob gesponnen. Da ich nun aber selbst neugierig bin, werde ich dies die Tage mal nachmessen, ich denke wir bleiben da sogar noch ne ganze Ecke drunter!
So, das war jetzt ganz schön viel Input, ich hoffe der ein oder andere nimmt daraus was mit.