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[Erfahrungsbericht] Unsere ungewöhnliche Akustikdecke

Bedämpfung, Akustik, Hör- und Aufnahmeräume, privat als auch im Studio.

Moderatoren: Bereichsmod, Moderation HiFi

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LOL

#1

Beitrag von OL-DIE »

Hallo,

vor etwa zwei Jahren hatte ich festgestellt, dass Verbesserungen in der Raumakustik möglich sind. Es ging um den Mittelton- und Hochtonbereich und hier insbesondere um die Verringerung des Nachhalls.

Obwohl der Hörraum akustisch nicht schlecht war, zeigt der Klatschtest, dass es in der Tat noch Verbesserungspotential gab.

Die Raumhöhe im hinteren Bereich des Hörraumes beträgt bei uns ca. 2,38m, die Decke besteht aus Raufaser weiß gestrichen. Nach oben hin ist es eine Balkendecke mit Schlackefüllung (Altbau). Somit wollte ich eine Lösung, die zwar mit großen Absorberflächen, aber geringer Höhe wirkt. Sehr dicke Absorber oder eine stark abgehängte Decke schieden somit aus. Beim Blick nach oben sollte die Decke nicht drückend wirken.

Vorbereitend hatte ich mit drei großen Matratzen Versuche angestellt und gehört, welche Wirkung sich einstellte. Optisch war das Ganze natürlich der Supergau, aber der Raum wurde akustisch hörbar trockener.
Hier das entsprechende Bild hierzu:

[ externes Bild ]

Meine Frau hat die drei Matratzen im Raum übrigens einige Tage ohne Murren akzeptiert – womöglich hat die günstige Akustik unbewusst positiv gewirkt. Letztendlich konnte ich das Matratzenlager im Hörraum selber nicht mehr sehen und habe diese Art der Absorber wieder weggeräumt.

;)

Was also tun?

Ich interessierte mich für Akustikspanndecken, Deckensegel und machte mich über verschiedene Dämmstoffe schlau.
Deckensegel finde ich gut und es gibt viele schöne Eigenbaulösungen hierzu. Allerdings schied diese Möglichkeit wegen der deutlichen Verringerung der Deckenhöhe aus. Auch die Akustikspanndecke kam nicht in Frage, somit musste ich eine Lösung finden, die möglichst wenig „drückte“, aber trotzdem eine gute Wirkung hat.

Akustisch besonders vorteilhaft erschien mir Basotect. Es ist ein vielfach eingesetzter und erprobter Absorptionsschaumstoff, der gut zu verarbeiten ist. Deshalb habe ich Platten der Abmessung (82,5x55x5)cm in hellgrau bestellt und 10 Stück probeweise auf dem Boden ausgelegt:

[ externes Bild ]

Akustisch wirkten diese sehr ähnlich wie mein früherer Versuch mit den drei Matratzen. Es sah aber schon etwas besser aus. Außerdem ist die Dicke von 5cm sehr gut zur Reduktion des Nachhalls geeignet. Weiterhin ist Basotect als schwer entflammbar eingestuft und geruchsneutral.

Nachdem mich das Material akustisch und auch optisch überzeugt hat, bestellte ich zusätzlich weitere Platten, so dass insgesamt ziemlich genau 12m² Basotectfläche für die Deckenfläche zur Verfügung stehen.

Die hellgraue Farbe des Basotects wirkt tatsächlich nicht drückend und hat interessanterweise einen ganz leichten Blaustich, der sehr positiv wirkt.

Zunächst habe ich den Sturz der Decke mit 7 Basotectplatten belegt. Das hatte ich ursprünglich nicht geplant, bot sich aber nach längerer Überlegung an. Außerdem hatte Thomas Bien mir diese Maßnahme schon früher empfohlen. Der Sturz bildet den senkrechten Übergang der Raumdecke zum höheren Wintergarten und ergibt zusätzlich 3,2m² Absorberfläche:

[ externes Bild ]

Hierbei musste ich das Basotect zum ersten Mal schneiden. Das geht sehr leicht mit einem scharfen, flachen Messer mit breiter Klinge und einem Stahllineal. Damit ergeben sich perfekte Schnittkanten:

[ externes Bild ]

Wegen der Ausgestaltung der Hörraumdecke stellte sich mir nun die Frage, wie diese Platten am besten angeordnet werden können.

Hinzu kam eine verwegene Idee, welche meine Frau ins Spiel brachte. Da ich gelegentlich auch male (reines Hobby) und für meine Bilder nicht genügend geeignete Wände zur Verfügung stehen, meinte sie einmal: „Hänge deine Bilder doch an die Decke, da ist genügend Platz!“

Dieser Gedanke spukte mir seit Monaten im Kopf herum und je länger ich mich damit beschäftigte, desto besser gefiel mir ihre Idee.

Somit entwarf ich ein Konzept, mit dem ich drei Dinge auf einmal erreichen bzw. verbessern wollte:

1. Die Raumakustik, insbesondere deutliche Verringerung des Halls
2. Belebung einer langweiligen weißen Raufaserdecke
3. Nutzung einer großen Fläche für meine Bilder

Mit einer Teleskopstange applizierte ich ein Bild probeweise an der Decke des Hörraumes. Mittels Bildbearbeitung habe ich grob die Gestaltung der Decke dargestellt, das Basotect wollte ich in Form verschieden großer Dreiecke anbringen:

[ externes Bild ]

Zunächst musste ich mir aber die Befestigung der Bilder überlegen. Diese erfolgte mit 70mm langen Befestigungslaschen aus verzinktem Stahl, welche ich von hinten an die Bilderrahmen geschraubt habe:

[ externes Bild ]

Die Rückseite eines Bildes sieht so aus:

[ externes Bild ]

An der Decke wurden die Bilder an den Laschen dann mit langen Spaxschrauben befestigt, welche direkt in die Holzbalkendecke geschraubt wurden. Leider hat so eine Holzbalkendecke auch unsichtbare Fugen, dann greift die Spaxschraube ins Leere. In diesen Fällen habe ich spezielle Kunststoffhohlraumdübel verwendet. Diese werden in die Bohrung bündig eingedreht. Beim Festziehen der Schrauben spreizen sich die Dübel weit auf und verankern sich formschlüssig in der Decke. Hier eine Abbildung der Dübel:

[ externes Bild ]

Mit der Teleskopstange konnte ich die Bilder wunschgemäß in Position bringen und ohne größere Anstrengung an der Decke befestigen.

Nachdem alle Bilder am gewünschten Ort der Decke festgeschraubt waren, habe ich einen großen Stapel Basotect in den Hörraum getragen, es türmen sich hier 26 Platten mit je 5cm Dicke:

[ externes Bild ]

Aus optischen Gründen wollte ich die Platten als Dreiecke gestalten. Hierfür musste ich alle Platten entsprechend bearbeiten.

Nach und nach habe ich das Basotect zugeschnitten und mit Montagekleber an der Decke befestigt. Das hält, Basotect hat eine geringe Dichte und die Platten sind leicht wie Styropor. Ich habe 4 Kartuschen Montagekleber benötigt. Alternativ kann man preiswerteres weißes Maleracryl verwenden.

Von den 26 Platten des Stapels brauchte ich tatsächlich 25 Stück. Insgesamt habe ich gut 15m² Basotect an Sturz und Decke angebracht.

So sah die leere Decke aus, man sieht nur die Raufasertapete und die Deckenleuchte:

[ externes Bild ]

Die fertige Decke sieht jetzt so aus:

[ externes Bild ]

Hier einige Blicke nach oben bei Tages- bzw. Kunstlicht:

[ externes Bild ]

[ externes Bild ]

[ externes Bild ]

[ externes Bild ]

Die Bilder selber haben kaum eine absorbierende Wirkung, sind aber ein Hingucker. Endlich ist die langweilige weiße Decke weg!

Das akustische Reflexionsverhalten meiner Bilder entspricht wohl ungefähr derjenigen der Raufaserdecke. Ich male immer mit Ölfarbe auf Hartfaserplatte, nicht auf Leinwand. Dies hat hier den Vorteil, dass das Bild bei der Deckenmontage kaum durchhängt.

Und was hat die Maßnahme akustisch bewirkt?

Viel mehr als ich dachte! Bereits der Klatschtest zeigt eine nun sehr trockene Raumakustik an. Der Nachhall ist praktisch nicht mehr vorhanden. Gespräche werden leiser, aber trotzdem sehr gut verständlich. Es ist ein neues Raumgefühl! Das ist meiner Frau spontan aufgefallen. Sie fühlte sich an den schalltoten Raum bei Nubert erinnert. Ihr gefällt es, dass es nun sehr still ist. Das optische Erscheinungsbild findet sie aufregend und kreativ.

Musik tönt in den Mitten und Höhen deutlich klarer, insbesondere fehlt eine bei höheren Pegeln gelegentlich dominant laut wirkende Mittenwidergabe. Die nuVero14 (inzwischen durch eine Gauder Arcona 100 mk II ersetzt) klingt völlig unangestrengt und ohne jeden Anflug von Schärfe, unglaublich schön! Eine Überdämpfung der Höhen kann ich nicht feststellen. Die akustische Bühne ist sehr breit und hoch. Die viel beschworene Ortungsschärfe wird tatsächlich verbessert.

Erstaunlich war für mich, dass sogar der Kickbass von der neuen Decke profitiert. Ich setze schon lange aktive Bassabsorber ein (2 AW-1000 in den hinteren Raumecken invertiert über Digital-Delay), aber die Basotectabsorber verbessern auch diesen oberen Bassbereich ein wenig. Offensichtlich werden schräg auf die Absorberflächen auftreffende Bassanteile ebenfalls teilweise absorbiert. Ihr Weg verlängert sich hierbei. Bei beispielsweise 30° Einfallswinkel ergeben sich 20cm wirksame Absorberdicke (vom Auftreffen auf die Oberfläche über die Reflexion an der Decke bis zum Austritt). Netter Nebeneffekt!

Das Konzept dieser Akustikdecke ist selbstverständlich wandelbar. Wer gerne fotografiert, kann auch Fotos an die Decke hängen. Natürlich ohne Glas, das wäre wegen des starken Reflexionsverhaltens ungünstig.

Abschließend bin ich mit meiner speziellen Lösung sehr zufrieden. Alle drei Ziele sind erreicht:
Die Decke ist nicht mehr langweilig, meine Bilder schön sichtbar und die Akustik im Raum recht trocken geworden.
Also: Einfach mal an die Decke gehen!

Beste Grüße
OL-DIE
Für diesen Beitrag von OL-DIE bedankten sich 5 Nutzer:
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✦Gauder Akustik Arcona 100 MK II✦6x AW-1000 in der Front✦2x AW-1000 rückseitig als Aktivabsorber✦Anti-Mode 2.0✦Marantz PM-14mk II KI✦Sony XA20ES✦Sony JA20ES✦Philips CDR870✦Cambridge Audio CXN V2✦nuVero 14✦RS 54✦nuBox 310✦nuBox CM-1 ...

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#2

Beitrag von engineer »

OL-DIE hat geschrieben: 14. Jul 2023 23:55 30° Einfallswinkel ergeben sich 20cm wirksame Absorberdicke
Das wird nicht funktionieren, weil schräg einfallende Schallwellen zunehmen reflektiert werden und nicht ins Material eindringen. Ist ähnlich wie bei Licht. Geht mit "Tangens (Alpha) im Quadrat".

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