So - endlich hatte ich mal etwas Zeit gefunden die Sinbosen D4-3000 zu begutachten.
Vom Aufbau her ein typisches Class-D Gerät chinesischer Fertigung. Im Wesentlichen besteht die Endstufe aus drei Platinen: 1 x Netzteilplatine mit primär 100 - 240V AC Versorgung, und 2 x Audioplatinen in jeweils 2-kanaliger Ausführung.
Netzteil
Audioplatinen
Die sekundäre Betriebsspannung ist enorm hoch, und beträgt 2 x 235VDC.
In Sachen Leistungsaufnahme steht ca. 240 Watt im Leerlauf auf der Uhr, dass ist normal für ein Gerät dieser Leistung.
Offensichtlich hat die Endstufe keine aktive PFC, jedenfalls spricht der Leistungsfaktor von nur 0,54 dagegen.
Die Lüfter sind nicht leise, und vier Stück mit jeweils 40 x 40 mm in 12V Ausführung reichen hoffentlich aus. Die Luftbewegung ist von vorne nach hinten. Es gibt Staubschutzfilter vorne links und rechts, die nach Demontage der Alufrontplatte erreicht werden können. Dazu muss man aber die Endstufe aus den 19" Schraubbefestigungen/Rack lösen - sonst geht die Front nicht runter.
Die Endstufen als solches sind Vollbrücken Klasse D, also wie inzwischen in dieser Leistungsklasse auch üblich in PWM Schaltung. Pro Kanal sind 8 MosFets verbaut, ich vermute jeweils 2 parallel um mit dem resultierenden Strom zurechtzukommen. Beim PWM Takt habe ich 200kHz als Restschwingung hinter den Ausgangsfiltern messen können. Im Reparaturfall wird man wohl bestenfalls die Platinen komplett ersetzen. Erschwerend bei diesem Gerät sind dabei die Verklebungen der vorderen Flachkabel. Ich habe das nicht weiter untersucht, zum Tausch der Platinen muss aber die Klebemasse von den Flachkabeln runter. Normalerweise macht man das etwas warm, und kriegt das dann ganz gut gelöst. Bei Sinbosen hat man hier eine Menge Kleber aufgebracht, da bleibt die Frage ob sich das gut lösen lässt ohne (!!) das Flachkabel zu beschädigen, oder gar die ganze Buchsenleiste abzureißen. Im hinteren Bereich ist alles mit Flachsteckern verbunden - dass habe ich bisher bei fast allen Geräten dieser Aufbauart gesehen.
Ausgangsleistungen
Der Jens braucht die Endstufe kommende Tage für eine Veranstaltung. Um das Gerät nicht kaputt zu testen, habe ich die Messungen zur Orientierung gemacht ohne ein großes Risiko zu provozieren. Daher auch keine 2 Ohm Messungen, und keine Kurzschluss und Übertemperaturtests.
Gemessen wurde an 4 Ohm, normale lineare Last (Widerstände 3kW) mit Spannungsversorgung an 32A CEE Verteilung.
Schauen wir uns als erstes die Messung mit 1kHz, 33ms Burst (100ms Pause) an:
Das sind in den ersten 10ms 156 Volt RMS - entsprechend einer Leistung von 6084 Watt! Wertet man den durchschnittlichen AC Mittelwert auf die komplette 33ms Signalimpulsdauer aus, erhalten wir 136 Volt RMS = 4624 Watt. Also, Dynamik und Power hat das Teil enorm!
Schauen wir mal auf das Übersteuerungsverhalten:
Hier erkennt man, dass die Endstufe ca. 6ms benötigt, um die anfängliche Übersteuerung durch den internen Limiter zu begrenzen. Das gelingt auch ganz gut und resultiert in einer stabilen Amplitude. Die Ausfransungen oben und unten am Sinus sind typisch Klasse-D mit Ausgangsfiltern etc. Das sieht bescheiden aus, und ist absolut nichts für HiFi Puristen - dennoch fällt das nicht negativ in den THD Messungen auf. Die Klirrwerte habe ich übersichtshalber nebenbei gesehen, aber nicht dokumentiert. Das lag alles im Rahmen unter 0,1%.
Messungen bei 1kHz können fast alle Endstufen gut. Mit Burst sogar sehr gut. Erst bei tieferen Frequenzen zeigen sich realere Leistungen. Wir testen mit 60Hz, Impulsdauer ist 100ms:
Aha, die Leistung bricht erwartungsgemäß ein. Die Messung des 100ms Abschnitts bringt uns aber immerhin noch knapp 98V RMS, was beachtliche 2401 Watt an 4 Ohm sind.
Mal schauen ob noch etwas mehr geht?
Ende der Fahnenstange - man sieht die erste Schwingung aufreißen, und dann das eingreifen des Limiters. Nach 100ms ist der Impuls vorbei - der durchschnittliche Wert liegt bei 103V RMS. Das sind 2652 Watt an 4 Ohm. Mehr geht nicht!
Alle Messungen sind mit zwei gleichzeitig betriebenen Kanälen gemacht. Es wäre sicherlich passender, wenn ich alle vier Kanäle parall gemessen hätte. Das hätte aber eventuell zur Folge gehabt, dass der Jens kommende Tage keinen Praxistest der Endstufe machen wird, weil das Netzteil vielleicht hoch gegangen wäre. Das ist eine Annahme - keine Unterstellung oder Mutmaßung. Ich wollte es einfach nicht drauf ankommen lassen. Ich vermute das die Endstufe den 60Hz Test im Burstbetrieb ohne Ausfall mitgemacht hätte - aber dann hätte ich die Leistungsaufnahme über den Schuko in Richtung 10kW ausgeweitet, und vor allem alles über einen Netzgleichrichter! Kann gut gehen - aber ich will das zurzeit nicht ausprobieren. Die Leistung bei vier gleichzeitig betriebenen Kanälen dürfte 4 x 2kW betragen.
Soweit erst mal zu dieser Endstufe. Es ist jetzt 23 Uhr, ich muss das Ding noch zuschrauben, einpacken, und einen GLS Versandschein drucken. Bei mir haben die Tage immer 18 Stunden, viel zu viel zu tun. Mir ist es schon echt unangenehm das der versprochene Test so lange auf sich warten ließ, und dann auch noch recht grob ausgefallen ist. In Summe habe ich mit messen, dokumentieren, schreiben und herumhantieren mit dem Gerät heute mal 3 Stunden abgezwackt. Hat mir Spaß gemacht, die China Klasse-D funktionieren grundsätzlich - aber man muss auch bedenken, dass im Schadenfall eine Reparatur auf Bauteilelevel fast unmöglich ist. Ich habe eine zeitlang einige Powersoft K-Serie repariert - habe das aber wieder gelassen, weil die Reparaturzeit für solche Class-D pcb und auch SMPS überproportional hoch ist. Das dauert, und ist komplex. Dazu dann auch noch Gewährleistung auf gewerbliche Reparaturen - kein guter Deal.
Diese Sinbosen D4-3000 finde ich klasse - so lange, wie sie funktioniert! Ich hoffe das hier noch praktische Erfahrungen einfließen - auch von Ausfällen, oder eben Zuverlässigkeitsberichte.
Ich kann zu letzterem derzeit nichts beisteuern. Ebenso hatte ich keine Zeit für Frequenzgang, THD k2/k3, Dämpfungsfaktor und Phasengangmessungen gefunden. Aber offen gestanden - da gibt es kaum was spektakuläres zu erwarten, alles gut.
Ach, eins noch: +3dBu für Vollgas
Viele Grüße - Stefan