Marius hat geschrieben:Das Problem ist, dass es keine Norm für die Bandbreite eines Filters gibt. Deshalb kann ein Setup nicht auf jeden beliebigen Controller übertragen werden.
Du meinst das Richtige, aber wie immer muss man etwas mit den Bezeichnungen aufpassen. Um die Sache etwas zu Vereinfachen, hierzu mal eine Zeichnung, kein Kommentar zu deren Qualität, Handzeichnen konnt ich noch nie:
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Ein Filter, nehmen wir als Beispiel mal einen Equalizer, wird durch mehrere Eckpunkte definiert, das sind Gain, Mittenfrequenz, Güte, und die Flankensteilheit. Was der Gain tut ist denke ich selbsterklärend, Gain definiert den Scheitelpunkt des Filters, als den Punkt der größten Anhebung/Absenkung.
Die Güte eines Filters ist gleichfalls klar definiert, das ist die Mittenfrequenz (f0) geteilt durch die Bandbreite, die Bandbreite ist wiederum die Differenz der Frequenzen an den -3dB Punkten des Filters (nennen wir sie mal f1 und f2), dementsprechend ist die Güte Q=f0/(f2-f1), und zwar immer.
Was du meinst, ist die Flankensteilheit. Nachdem die relativ schwer in Worte zu fassen ist, gibt es hierzu sogar zwei weitere Zeichnungen:
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Die Flankensteilheit eines Equalizers wird bei den meisten Controllern weder genannt (weil sie auch mal gerne mit der Güte und dem Gain variiert), geschweige denn dass sie einstellbar wäre. Equalizer lassen sich dementsprechend unter Umständen weder 1:1 übertragen, noch unter der Aufwendung von Messtechnik in identischer Funktion nachbilden lässt (es wird bestenfalls ähnlich!).
Weiter Krux an der Sache, die Flankensteilheit hat neben Güte und Gain einen nicht unerheblichen Einfluss darauf, wie der Equalizer den Phasenverlauf beeinflusst. Je nach Stelle, an der ein Equalizer greifft, kann das einen erheblichen Einfluss auf die Funktionalität eines Setups haben.
Beim Crossover sieht das etwas anders aus. Die haben zwar keinen Gain, aber noch immer eine Wirkfrequenz, eine "Güte" und eine Flankensteilheit. Bei Wirkfrequenz und Flankensteilheit ist denke ich klar, was sie tun, sagen wir nur die "Güte" regelt beim Crossover, wie sich der Filter beim Beginn es Abfalls verhält, währenddessen die Flankensteilheit (hier dB/Oct) aussagt, was dannach passiert.
Nun gibt es Filter, bei denen sowohl Flankensteilheit, als auch Güte fixiert sind, die tragen allesamt lustige Namen wie "Butterworth", "Bessel" oder "Linkwitz Riley". Diese sollten von Controller zu Controller, identisch sein.
Allerdings gibt es auch einige Controller, bei denen diese eben genannte Güte frei einstellbar ist.
Robb Goodnight hat geschrieben:Hersteller wie D&B, Nexo, Seeburg, etc. haben ja passend zu ihren Lautsprechern meistens Controller im Programm, die auf die jeweiligen Serien abgestimmt sind.
Nun machen gerade größere Hersteller gerne davon gebrauch, ihre Filter im Übergangsbereich individuell zu "shapen", sprich hier kommt man mit einem Controller, wie dem DCX, kein Stück weiter. Ein EV DC One, bzw. das Dynacord Pendant, kann das aber z.B. noch.
Dann gibt es noch eine andere Welt, die heisst FIR Filter. Alles von was wir bisher gesprochen haben, ist die digitale Nachbildung einer analogen Filterschaltung, die neben dem Frequenzgang auch die Phase beeinflusst.
Der FIR Filter dagegen beeinflusst nur die Frequenz, oder Wahlweise auch nur die Phase, und das im Zweifelsfall auch nur auf einen bestimmten Bereich fixiert. Dadurch wird das Signal jedoch verzögert, umso stärker, je tiefer der Filter gesetzt wird, oder je größer dessen Eingriff wird. Im Bassbereich wird daher auf FIR verzichtet.
Das ist eine Welt, die ganz wenigen Controllern vorbehalten bleibt. Ich glaube der Lake Controller ist einer der ganz wenigen, die diese Funktionen bieten, und frei auf dem Markt erhältlich sind.
Noch zum Thema Phase, es gibt gleichfalls sehr wenige Controller, die die Phase überhaupt richtig "schieben" können! Im Menü vom DCX gibt es zwar die Option, jedoch wird hier nicht wirklich die Phase beeinflusst, sondern ein Delay gesetzt, dass der eingestellten Phasenverschiebung am Punkt des gesetzten Tiefpasses entspricht.
Nehmen wir also an, wir haben einen Hochtöner, der bei 1kHz gefiltert ist und stellen eine Phasendrehung von 90° ein. Der DCX setzt nun ein Delay von 0,25ms. Bei 10kHz entspricht das jedoch einer Verschiebung der Phase um 900°. Hätte der Controller tatsächlich die Phase geschoben, wären es sowohl bei 1kHz, als auch bei 10kHz, oder sonstwo, immer 90°!
Was große Hersteller auch gerne machen, ist die Nutzung von Multiband Peak und RMS Limitern, ein Feature, dass prinzipiell nicht sonderlich schwer zu implementieren ist, aber Otto-Normal-Verbraucher wenig nützt, und bestenfalls vor Hindernisse beim Einrichten stellt.
Aber auch das ist einer der Punkte, der Systeme großer Hersteller ausmacht. Nehmen wir als Beispiel einfach mal einen ganz simplen BR Sub, der Controller weiss z.B., dass die Pappe auf dem Tuning extrem viel Leistung abkann, ohne zu überhuben, aber auf dem oberen und unteren Hubmaximum nicht. Der Peak Limiter lässt also im Bereich um das Tuning herum deutlich mehr Pegel zu, als um die Hubmaxima herum.
Der RMS Limiter sieht dagegen eher "Die Pappe verträgt in dem Frequenzbereich so und so viel Leistung langfristig", und regelt dementsprechend herunter, wenn z.B. lange Zeit nur Pegel auf dem Tuning gefahren wird, wo der Treiber fast nicht huben kann, und die Kühlung dementsprechend eher schlecht ist.
Gehen wir noch einen Schritt weiter, fortschrittlichere Controller loggen mit, wie viel Leistung über welchen Zeitraum einem Lautsprecher in welchem Frequenzbereich zugeführt wurde, können daraus errechnen, welche Temperatur Treiber und Gehäuse haben.
Diese Erwärmung vorraussehend, kann das Setup im Controller angepasst werden, z.B. greifen EQs weniger oder stärker, Trennfrequenzen werden etwas versetzt, alles um die Eigenheiten zu kompensieren, die die Treiber bei Erwärmung entwickeln.
Zusammen mit Parametrischen EQs, die nur auf den schieren Pegel reagieren, aber Eckdaten wie die Erwärmung der Treiber ausser acht lassen, kann man in Kombination praktisch jegliches Eigenleben der Treiber unterbinden.
Auch die Limiter können anhand dieses thermischen Modells natürlich sehr feinfühlig gesetzt werden, da sowohl die Zunahme des Hubs bei Erwärmung der Treiber, als auch eine zu große Erwärmung der Treiber insgesamt, natürlich berücksichtigt werden können, und das natürlich wieder frequenzselektiv!
Kurz zusammengefasst:
Den großen Herstellern stehen Mittel zur Verfügung, mit denen normale Anwender nicht einmal etwas anfangen könnten, selbst wenn sie diesen zur Verfügung ständen. Manche dieser Hersteller machen davon gebrauch, andere nicht. Über alles betrachtet können diese einen Zugewinn an Betriebssicherheit und Klangtreue bedeuten.
Systeme können insgesamt weiter ausgereitzt werden, als es mit gewöhnlichen Controllern der Fall wäre. Lassen wir mal dahingestellt, ob dieser teuer zu erkaufende Aufwand tatsächlich einen Vorteil gegenüber einer größeren Menge inexpensiveren Materials hat
Was das Nachstellen von Setups großer Hersteller angeht, so hängt es massiv davon ab, wie tief diese in oben genannte Trickkiste der Controllertechnik gegriffen haben, was von Produkt zu Produkt und von Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich sein kann.
Fakt ist jedoch, dass dem gewöhnlichen Anwender nur ein Bruchteil der Mittel zur Verfügung steht, die großen oder ambitionierten Herstellern zur Verfügung stehen. Seeburg zähle ich da schonmal nicht dazu, aber die verschenken auf der Messe dafür schöne Kaffeetassen
